- von Prof. Christian Gnoth
Was sind HLA-C und KIR überhaupt?
Damit eine Schwangerschaft entstehen kann, muss sich der halbfremde Embryo (genetisch und immunologisch halb Vater halb Mutter) in der Gebärmutter einnisten. Dieser Prozess wird nicht nur durch Hormone, sondern auch durch das Immunsystem der Mutter gesteuert.
Zwei wichtige Faktoren spielen dabei eine Rolle:
- HLA-C: Ein Merkmal auf den Zellen des Embryos, das von Mutter und Vater vererbt wird. Wichtig: Jeder Embryo hat seine ganz eigene Kombinationen, auch wenn die Eltern dieselben bleiben.
- KIR-Rezeptoren: Erkennungsmerkmale auf bestimmten Abwehrzellen in der Gebärmutterschleimhaut (sogenannten uNK-Zellen = „uterine natürliche Killerzellen“). Sie sind die „Bodyguards“ des Embryos.
Wenn die HLA-C Signatur des Embryos und KIR-Status der Mutter zusammenpassen, kann sich der Embryo besser einnisten.
Warum unterscheiden sich Embryonen derselben Eltern?
Auch wenn Mutter und Vater gleich bleiben, erbt jedes Kind eine andere Mischung ihrer Gene. Das bedeutet:
- Ein Embryo kann eine harmonische Kombination aus HLA-C und mütterlichen KIR haben.
- Der nächste Embryo kann eine weniger günstige Kombination haben.
Wenn es in einem Zyklus nicht zu einer Schwangerschaft kommt, sind dafür meistens genetische Faktoren verantwortlich (Meiose- und Mitosefehler). Es kann aber auch vorkommen, dass aus den oben genannten immunologischen Gründen manche Zyklen (auch bei künstlicher Befruchtung) nicht zu einer Schwangerschaft führen. Das liegt dann nicht daran, dass „etwas grundsätzlich nicht stimmt“ – sondern an der Zufallskombination der Gene, die bei jedem Embryo unterschiedlich ausfällt.
Welche Kombinationen gelten als weniger günstig?
In seltenen Fällen kommt es zu einer stärkeren Abbremsung der Einnistung.
Dies betrifft vor allem Frauen mit einem bestimmten KIR-Typ („KIR-AA“) ohne (immer so, da genetisch determiniert) aktivierende Killerzellrezeptoren, die Embryonen in sich tragen, die vom Vater einen bestimmten HLA-C-Typ geerbt haben („C1“, nicht immer, von Embryo zu Embryo unterschiedlich). Diese Kombination kann dazu führen, dass die Gebärmutterschleimhaut die Einnistung verhindert oder erschwert und dann die Plazentaentwicklung zu stark hemmt, was in der Schwangerschaft zu Fehlgeburten oder Schwangerschaftskomplikationen führen kann (so genannte Gestosen).
Wichtig, diese Kombination ist kein absoluter Ausschluss für eine Schwangerschaft – viele Frauen mit dieser Kombination werden völlig komplikationslos schwanger, da viele weitere Faktoren dabei eine Rolle spielen, wie gut sich ein Embryo einnistet (Embryovitalität).
Die Bestimmung von der KIR-Gene kann in folgenden Fällen sinnvoll sein:
- wiederholte frühe Fehlgeburten
- fehlende Einnistung trotz guter Embryonen (IVF/ICSI)
- Hinweise auf Plazentationsprobleme in früheren Schwangerschaften
Die KIR-Typisierung (Blutuntersuchung) ist wichtiger als die HLA-C-Typisierung.
In den oben genannten Situationen hilft das Verständnis der immunologischen Konstellationen, mögliche Ursachen einzugrenzen und die weitere Behandlung entsprechend anzupassen, z.B. durch die Gabe von besonderen Medikamenten, die Wachstumsfaktoren enthalten, die von den Killerzellen bei ungenügender Aktivierung unzureichend produziert werden (G-CSF). Man kann die Behandlung darüber hinaus optimieren, z. B. durch
- angepasste hormonelle Unterstützung des Zyklus, hier ist besonders wichtig Progesteron, was ein natürlicher Aktivator der uterine Killerzellen ist
- entzündungshemmende oder immunmodulierende Therapien in ausgewählten Fällen
- genaue Auswahl des geeigneten Embryos für einen Embryotransfer bei einer IVF
- engmaschige Überwachung der frühen Schwangerschaft
Wichtig ist, dass es nicht darum geht, das Immunsystem zu unterdrücken, sondern seine Balance wieder aufzubauen.